Magst du verniedlicht werden?
In Spanien sagen die Menschen oft mi niño oder mi niña: mein Junge / mein Mädchen. Sie sagen es auch gerne zu ihnen unbekannten Menschen, zum Beispiel beim Einkaufen. Es ist eine Verniedlichung, als Kompliment gemeint, eine liebgemeinte Erinnerung, wie jung wir sind.
Menschen streben danach, jung zu sein und sich (bis ins hohe Alter) jung zu fühlen, das liegt in ihrer Natur und das ist eigentlich etwas Gutes, es hält uns tatsächlich länger jung! Wir werden immer so, wie wir uns fühlen.
Dieses Kompliment beinhaltet also eine unbewusste innere Heilwirkung, wenn wir uns darauf einlassen können und nicht stattdessen ärgerlich werden, weil wir keine Verniedlichung dulden möchten.
In Deutschland sind Menschen manchmal sehr kritisch mit der Sprachwahl, manchmal zum Guten (es gibt weniger sprachlichen Machismus als im Spanischen) und manchmal verkehrt es sich ins Lästern und erschafft Probleme, wo eigentlich keine sein bräuchten, weil stattdessen auch das Mindset bzw. der Betrachtungswinkel geändert werden könnte.
Wenn die Verniedlichung aus niederen Beweggründen des Egos kommuniziert wird und nicht vom Herzen kommt, dann wird ein Kompliment zur Waffe oder Beleidigung. Die gleichen Worte können bei dem einen Menschen als angenehm und flirtig ankommen, bei einem anderen Menschen als Herablassung oder Aufspielung interpretiert werden. Da kommt es auf die Situation an, und ob wir den anderen Menschen sympathisch finden oder nicht. Vielleicht kommt es auch darauf an, ob wir uns dem Anderen öffnen möchten, und ob das auch angemessen und in Ordnung ist, oder nicht.
Viele Frauen möchten nicht süß sein, manche fühlen sich dann nicht ernst genommen, und manche wollen stattdessen lieber tough und stark (männlich) sein, weil sie gelernt haben, dass das „besser“ wäre in dieser Welt. Die nun ausklingende jahrtausendlange Yang-Diktatur hat tiefe Spuren hinterlassen, besonders bei den Frauen.
Manche Menschen mögen auch nicht als süß bezeichnet werden, weil sie sich selbst nicht so lieben und annehmen können wie der andere Mensch. Dann bringen uns die Worte in eine unangenehme Situation. Es bringt innere Konflikte auf, es kann sogar Wut entfachen, die sich dann in ständiger Verärgerung über kleine Alltagsdinge bemerkbar macht, gar nicht so unüblich in vielen Beziehungen!
Warum akzeptieren und lieben wir uns nicht einfach mal dafür, dass wir Menschen sind? Der eine ist so… und der andere ist anders. Das ist in Ordnung, jede Seele denkt und fühlt anders. Das macht uns doch alle irgendwie süß, oder nicht? 😉